Wir gestalten die Umgebung, die uns gestaltet.
Von Donat Rade, Bereichsleiter Jugendliche und junge Erwachsene
Vor dreissig Jahren sah man in unserer Gegend im Rahmen einer Aktion der Naturschutzkonferenz der kleineren Bergkantone Plakate mit der Aufschrift: Ich präge die Landschaft – die Landschaft prägt mich. Ich war fasziniert. Noch befasste ich mich damals nicht mit Wechselwirkungen, begriff aber die Bedeutung: Dass nicht nur wir die Landschaft hüten oder verändern, sondern auch die Landschaft uns zu dem macht, was wir sind. Bergler oder Flachländer, Stadtmenschen oder Landeier.
In derselben Zeit stieg ich im Türmlihaus in Trogen als Lehrer ein. Ich lernte, meine Arbeit an den Bedürfnissen der Kinder auszurichten und erfuhr, dass unsere Lern- und Lebensräume die Kinder prägten. Wir machten die Erfahrung, dass ein schöner Ort an einem Bach oder am Waldrand allein schon eine unglaubliche Wirkung auf unsere Schüler·innen hatte. Ein geeigneter Platz in der Natur erübrigte ein Programm von unserer Seite. Schöne Geschichten entstanden von selbst. Uns wurde bewusst, dass die Umgebung unterschiedlich Einfluss ausübt auf unsere Stimmung, unser Denken und das Verhalten.
Wie gelingt Integration?
Jahre später durften wir den Lernraum für die entstehende Oberstufe mitgestalten. Wir fragten uns, wie Lernen am besten gelingt und gestalteten dementsprechend den Raum. Heute, bei der Begleitung der MNAs*, suchen wir nach Familien und anderen Wohnplätzen, die zu der Situation und den Bedürfnissen unserer Jugendlichen passen. Wie gelingt Integration? Indem unterschiedliche Welten zusammenleben und sich kennenlernen. Dies gelingt am besten im gemeinsamen Wohnen mit Leuten aus der Zivilgesellschaft.
Die Gestaltung der Umgebung ist nicht auf räumliche Aspekte beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf soziale und kulturelle Einflüsse. Unsere Beziehungen zu anderen Menschen, unsere sozialen Netzwerke und unsere Werte prägen ebenfalls unsere Identität und unser Verhalten. Weil wir wissen, welchen Einfluss die Umgebung auf unsere Kinder und Jugendlichen hat, gestalten wir diese so, dass sie ihrer Sicherheit, dem Wohlbefinden und ihrer Entwicklung förderlich ist.
*MNA= Mineurs non accompagnés, geflüchtete Kinder und Jugendliche ohne elterliche Begleitung